Kooperationsprojekt 2017

06. Oktober.2017 - 11. Februar 2018

Moritz Götze: Das CRANACH-EXPERIMENT

 

St. Matthäus-Kirche in Berlin
Auguststraße 80, 10117 Berlin
Di-So 11-18 Uhr | Eintritt frei

07. Dezember 2017, 19 Uhr, St. Matthäus-Kirche
MEET THE ARTIST
Künstlergespräch und Performance mit Moritz Götze,
Christhard-Georg Neubert und Bazon Brock

Die Ausstellung findet in Kooperation mit
der Galerie KUNST-KONTOR, Potsdam, statt.

Stiftung St. Matthäus
Kulturstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Auguststraße 80, 10117 Berlin
Tel 030 · 283 95 283 | Fax 030 · 283 95 187
info@stiftung-stmatthaeus.de
www.stiftung-stmatthaeus.de


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Presse

Moritz Götzes kunterbunte Welt des Glaubens
Märkische Allgemeine, 22.11.2017
von
Maurice Wojach

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DAS CRANACH-EXPERIMENT

Nun auch im Zentrum der Berliner Hochkultur:

Moritz Götze, Jg. 1964, der Welterklärer, der agilste Vertreter des „German -POP“, dessen Bilderwelten so spielerisch daherkommen wie Comics: komisch, trivial, naiv, direkt, heiter und scheinbar harmlos.

Mit seinem Zugriff auf die deutsche Geschichte und Kunstgeschichte  in seinen Ausstellungen der letzten Jahre arbeitet Moritz Götze daran, „das tragisch grundierte, von Selbstmitleid imprägnierte und von Schuldgefühlen durchsäuerte Geschichtsbild der Deutschen gründlich zu sanieren....“(Eckhart Gillen)

Mit seinen Ausstellungen zur deutschen Romantik, zu Pückler, zum aufgeklärten Fürsten Franz von Anhalt, zum „Hallschen Heilthum“, zur Deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts etc. hat sich Moritz Götze als ein Künstler gezeigt, der es mit der deutschen Geschichte immer ernst meint, auch wenn seine Ausstellungen so leichtfüßig daher kamen und kommen. Selbst aus dem protestantischen Kernlande Sachsen-Anhalt, aus Halle, stammend, war sein Interesse an der spannungs - und  facettenreichen Geschichte dieses kulturreichen deutschen Landstriches mit langer Geschichte von früher Jugend an prägend und auch werkbestimmend.

Sein künstlerisches Hauptwerk, die prächtige Ausstattung der  barocken anhaltinischen Schlosskirche  St. Aegidien zu Bernburg, die von der Decke bis zum Altarraum mit biblischen Geschichten in Emaillemalereien ausgeführt ist, hat der Künstler im vergangenen Jahr vorläufig abgeschlossen.
Ein Dokumentar-Film von Uwe Dieckhoff über dieses grandiose Beispiel zeitgenössischer Kirchenausstattung und seine Entstehung ist ebenfalls in  St. Matthäus im Rahmen der Schau zu sehen.

Anlässlich des Reformationsjubiläums hat sich Moritz Götze  für die Ausstellung in St. Matthäus  nun mit Luther und Cranach d.Ä. beschäftigt.

Im Mittelpunkt der Präsentation stehen  sowohl  ein neues Altarbild  für die Reihe „Das andere Altarbild“ als auch weitere Emaille-Malereien und Zeichnungen die sich mit Lucas Cranachs berühmten Wittenberger Reformations-Altars, der vermutlich  um 1547 entstand, befassen.

Jener Altar war und ist  d a s  programmatische Bild der Reformation und zeugt von  engster Kooperation zwischen Künstler und Reformator. Botschaft und Bild gehen eine einmalige Symbiose ein. Zu dieser Bild-Ikone verhält sich Götze in seiner bewährten, assoziativen Manier und schafft dazu sowohl Emaillemalereien als auch opulente Farbzeichnungen.

Während die Emaillmalerein dicht an der Komposition der mittleren Altartafel und an der Predella des Altares  in der Wittenberger Stadtkirche mit der Motivik Abendmahl,  Gemeinde,  Kruzifix und Kanzel bleiben, gehen die farbigen Zeichnungen assoziativ weit darüber hinaus.

Das Künstler Moritz Götze hat im Sommer 2017 in mecklenburgischer Abgeschiedenheit einen inneren Dialog mit Cranach begonnen, welcher ja zu Luthers künstlerischem Herold geworden ist. Die ausgestellten Zeichnungen, in denen sich Historie und Zeitgeist, Seele, Sinnlichkeit und Spiritualität eng umschlingen verführen und fordern den Betrachter zu genauem Hinsehen auf.

Es ist nicht die erste künstlerische Begegnung Moritz Götzes mit Martin Luther. Inspiriert von dem Ästhetiker und Kulturphilosophen Bazon Brock, Jg. 1936, dem die Divergenz zwischen Volkssage und wissenschaftlicher Geschichtsschreibung hinsichtlich Luthers Tintenfasswurf in Richtung Teufel umhertrieb, veranstalteten die Beiden am 10. November 2009 zu Luthers 526. Geburtstag den Experimentellen Tintenfasswurf auf der Wartburg in Luthers Stube.

Genau 99 Mal explodierten mit Gallustinte gefüllte Glaskugeln auf einem Bütten-Bogen mit einer Wurfgeschwindigkeit von 50–80 Stundenkilometern bei diesem, die vermeintliche historische Situation rekapitulierendem Experiment.
Dieses konzeptuelle Kunst-Event und der dazu entstandene Film vollenden den Auftritt Moritz Götzes in St. Matthäus  und zeigen das der facettenreiche Reformator und die Reformation in der Bildenden Kunst, eine herausfordernde, never ending story sein könnte.     Friederike Sehmsdorf