Koschies zeigen vierdimensionale Bilder

Märkische Allgemeine 11.09.2015

Das Potsdamer Künstlerpaar Koschies fotografiert auf eine ganz außergewöhnliche Weise: mit einer Schlitzkamera. Diese Technik ermöglicht es ihnen, Bilder voller Dynamik und Verzerrung zu erschaffen. In der Galerie Kunst-Kontor in Potsdam ist eine Auswahl der Werke aus einem Vierteljahrhundert noch bis Ende Oktober ausgestellt.

Potsdam. Foto ist nicht gleich Foto. Manchmal ist ein Foto auch ein Wunder. Zum Beispiel, wenn es eine vierte Dimension erschafft – eine, die man mit bloßem Auge gar nicht erkennen kann. Das Künstlerpaar Koschies erzeugt mit einer Schlitzkamera genau solche Wunder. Einige davon sind in der aktuellen Ausstellung „Mirakel – 25 Jahre Koschies“ in der Galerie Kunst-Kontor in Potsdam zu sehen.

Mit einer analogen Schlitzkamera hat im Jahr 1990 alles angefangen. Das Besondere an sogenannten Schlitzfotos ist, dass sie nicht zu einem Zeitpunkt, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg aufgenommen werden. Menschen oder Objekte bewegen sich vor einem haarfeinen Schlitz, der permanent beleuchtet wird, während sich der Film in der Kamera weiterdreht. Dadurch entstehen vierdimensionale Bilder voller Dynamik und Verzerrung.

Neu dabei sind Porträts und Landschaften

Koschies zeigen auf ihren Fotos nicht den Raum, sondern die Zeit. Daher bewegen sie sich irgendwo zwischen Film und Fotografie. „Das zeitliche Nacheinander wird im Bild ein räumliches Nebeneinander“, sagt Birgit Koschies. Was während der Aufnahme innerhalb drei Sekunden passiert, zeigt das entwickelte Bild am Ende, von links nach rechts gelesen, nacheinander. Die Beine der Figuren schweben über dem Boden, die Körper sind gestreckt. „Alles, was schneller als der Film ist, wird zusammengestaucht. Ist es langsamer oder steht, wird es zu einem langgezogenen Streifen“, erklärt Axel Koschies.

Die Potsdamer Künstler Birgit und Axel Koschies. Quelle: Uwe Arens

 

 

 

Seit 2011 benutzt das Künstlerpaar aus Potsdam zusätzlich eine digitale Schlitzkamera, die farbige Aufnahmen zulässt. Die Farbe kommt besonders auf den jüngsten Bewegungsstudien der Koschies zur Geltung. Seit diesem Jahr wagen sie sich an die Natur und an Porträts. In „Augenlicht“ etwa hält die Kamera die Bewegung eines Astes und seiner Blätter fest. Die Dynamik wirkt durch das satte Grün eindrucksvoll. „Für unsere Aufnahmen brauchen wir immer Bewegung, in diese Fall Wind – oder besser gesagt Sturm“, sagt Axel Koschies. Ein einziges Bild erfordert hohen Aufwand. 50 Bilder produzieren die Künstler pro Bild für die Tonne. Vor allem auch, weil Birgit Koschies vorher gar nicht sehen kann, was sie fotografiert. Zudem sind alle Bilder inszeniert und nicht immer laufen die „Opfer“, wie Axel Koschies seine Porträtierten nennt, schnell oder langsam genug durch das Bild.

Artikel veröffentlicht am Dienstag, 13.10.2015

Von Luise Fröhlich