KLaSsiScHe MoDerNe BILD: VONNEMANN - ROSEN

Rosa Schweinchen, rote Rosen

Überraschendes im Kunstkontor von Christoph Löffler, Sorina von Keyserling und Anna Vonnemann

Potsdamer Neueste Nachrichten 31.03.2012

Kleine Monster zum Auftakt? Wenn man die Tür zur Kunstkontor-Galerie öffnet, wird man begrüßt von Abbildungen allerlei Getiers, die in größerer Anzahl gruslig wirken. Doch keine Angst. Schaut man sie sich näher an, schwindet der Schauder. Manches hat sogar etwas Niedliches. Und ein gewisser Humor, ein schwarzer, steckt ebenfalls in den Bildern. Doch gewöhnungsbedürftig sind sie allemal.

Der Berliner Künstler Christoph Löffler ist ihr Schöpfer. Seit Jahren ist er damit beschäftigt, Plüschtiere zu porträtieren: Wuschelohrige Hasen, freundliche Kuschelteddys, melancholisch in die Welt blickende Schafe, ein rosa Schweinchen oder ein frecher Teufel, natürlich in der typischen Farbe Rot. Und alle wurden mit Plastik- oder Glasknopfaugen bedacht. Sogar Namen hat der Maler den skurril wirkenden Figuren gegeben: Sven, Frankie, Patrick.

AnzeigeDie Galeristin Friederike Sehmsdorf hat ihre erste Ausstellung dieses Jahres „KLaSsiScHe MoDerNe“ genannt. Dieses Wechselspiel von Groß- und Kleinschreibung des Titels solle ironisch auf Distanz und Nähe zu den Begriffen verweisen, die in unendlicher Vielfalt im alltäglichen Sprachgebrauch als wissenschaftliche Termini unsere Sprache und auch unser Denken lenken, meint Friederike Sehmsdorf. Mit Anna Vonnemann und Sorina von Keysersling sowie Christoph Löffler hat sie Künstler in ihre Galerie geholt, die sich im Repertoire der Kunstgeschichte für eigene Arrangements bedienen. Löffler ist weit in die Renaissance zurückgegangen. Und verbindet sie mit der Kunst der PopArt. Mit bewundernswerter Genauigkeit hat er die Plüschtier-Kameraden gemalt. Bis zu 19 Schichten beträgt die Lasurmalerei auf der Leinwand. Der Künstler kann mit einer erstaunlichen maltechnischen Virtuosität aufwarten. Die alten Meister lassen grüßen. Dass die Plüschtier-Gemälde in erlesene Rahmen gesteckt wurden, gibt dem Ganzen noch eine zusätzliche Ironie.

Natürlich fragt sich so mancher Betrachter: Warum malt ein Künstler Porträts von Häschen oder Schweinchen aus Stoff? Will er damit vielleicht ein frühkindliches Teddy-Trauma verarbeiten? Oder will er dem Rezipienten die Frage stellen, die auch die Kunstwissenschaftlerin Karin Hoffmann-Kontny parat hat: Wann haben wir zum letzten Mal den Käfig der Norm, der Normalität verlassen? Wann tauchen wir in ein freies und fantasiebegabte Rollenspiel hinein, statt zu verharren und zu erstarren? Sie wünscht dem Schauenden „ein wenig Mut zum Unterbrechen des Tagein-Tagaus, Mut zum Lust-Erleben der eigenen Bedürfnisse“. Gespannt darf man sein, wann Löfflers Teddy-Zeit vorüber ist.

Sorina von Keyserlings Büsten bevorzugen ohne Wenn und Aber eine größtmögliche Genauigkeit in der Wiedergabe ihres Gegenübers. Glücklicherweise keine Kuscheltiere, sondern Kinder, die sie in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft kennenlernte und porträtierte. Die junge Bildhauerin, die in Berlin-Treptow ihr Atelier hat, ist auf einem erfolgreichen Weg in die künstlerische Laufbahn. Ihre Vorbilder sind eindeutig bei den Plastikern des Klassizismus zu finden. In Berliner Museen kann sie besonders intensiv die Künstler jener Epoche studieren. Auch sie folgten einer langen Tradition, vor allem dem Weg in die Antike. Der Hang Sorina von Keyserlings zur schönen Zeichnung des Dargestellten ist zwar unverkennbar, doch hält sie das Charakteristische und Natürliche des jeweiligen Modells fest. Von Niedlichkeit ist keine Spur, sondern eine äußere und innere Wahrhaftigkeit, verbunden mit einer schönen Klarheit und Poesie.

Es scheint, dass die Exponate dieser Ausstellung auf Rosen gebettet sind. Mit diesen Königinnen der Blumen, die als Sinnbild des Unendlichen und gleichzeitig des Vollendeten gelten, beschäftigt sich die Malerin Anna Vonnemann auf ihren Bildern. Ihre Rosen-Tableaus, ausgeführt in Lasur- und Alla-prima-Malerei, erinnern an alte niederländische Stillleben. Die Schilderung der Berlinerin, die sich seit mehreren Jahren dem Rosen-Thema annimmt, ist viel direkter als die der alten Meister. Die einzelnen Blüten sind auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden. Ihre Ähnlichkeit ist frappierend. Aber in der Wiederholung könnte auch ein Erkenntnisprozess beim Betrachter stattfinden. Denn schaut er genauer auf die einzelnen Rosenblüten, dann sind verschiedene Rot-Farbtöne zu erleben, auch das Grün der Blätter weist mehrere Schattierungen auf. In Anna Vonnemanns Bildern findet man einen Hang auch zur Konzeptkunst. Und sie bekennt sich zum Dekorativen, zur Inszenierung der Schönheit mit Rosen. Wer kann sich schließlich dem großformatigen Bild mit den farbkräftigen gelben Rosen entziehen, in denen sich die blaue Iris mischt? Eine Ausstellung mit Überraschungen im Kunstkontor.

Erschienen am 31.03.2012 auf Seite 02

Von Klaus Büstrin