SÉANCEN
NEUE ARBEITEN VON NICOLAUS
BILD: VILLA HENKEL

Traum und Wirklichkeit "Séancen" von Roland Nicolaus im KunstKontor

Märkische Allgemeine 23.09.2011

Zum Vorabend des Jubiläum-Geburtstages Friedrichs II. ist Roland Nicolaus mit seinen Bildern in Potsdam wieder präsent. Mit 21 neuen Malereien und Collagen hat ihn Friederike Sehmsdorf wieder einmal in ihre Galerie geholt. Das Motto seiner Auswahl und damit seine Stimme im Festjahrgetümmel gibt er selbst vor, aufgeschrieben im Flyer zur Ausstellung: "Der Geist von Potsdam gibt sich mitnichten beim Klang des Hohenfriedeberges zu erkennen; es ist die von sehr weit weg her und unter dem Schutt des Abendlandes hervorklingende Hirtenflöte, die ihn zauberisch erscheinen lässt."

Die klug gewählte Auswahl aus dem Werk Nicolaus' zeigt in der Beschränkung die Breite seines Werkes. Da wären die Potsdamer Motive von der Glienicker Brücke bis hin zur Villa Henkel, gemalt gleich arkadischen Landschaften. Diese bis ins Detail so sorgsame und friedfertig erscheinende Vedutenmalerei entpuppt sich als Bühne für seltsame Märchenszenen. Traum erscheint als Wirklichkeit und Wirklichkeit erblüht im Traum.

Über die von der Geschichte erdrückend belastete Glienicker Brücke zieht mit Schalmeien und Beckengetön ein Zug tanzender Rokoko-Putten. Ein prächtig grauer Esel zieht ein aufgeblasenes, auf wackligem Podest rollendes goldenes Kalb Richtung Potsdam. "Einzug des Goldenen Kalbes" nennt Nicolaus dieses Werk. Ein Besucher zeigte sich mit einer Notiz im Gästebuch schier entzückt über diese subtile Gesellschaftskritik.

Ein anderes Bild zeigt unter einem wunderbar gemalten winterlichen Abendhimmel den weiten Blick auf die Villa Jacobs. Doch diesen abendlichen Frieden stören Jäger mit einer Meute Hunde, die sich offenbar aus Pieter Bruegels Winterbild von 1565 hierhin verlaufen haben. Dieses ehrerbietige, wenn auch immer leicht ironische Zitieren großer Meister ist ein Charakteristikum bei Nicolaus. Doch er geht noch weiter. Gleich einer malerischen Collage baut er aus Motivanklängen an Chagallsche Werke eine "Chagalljade in Alexandrowka" zusammen, gekrönt von einem Zitat des preußischen Hofmalers Antoine Pesne.

Besondere Beachtung verdienen seine Papier-Collagen, von denen er selbst vor Jahren einmal sagte: "Ich erlebe das Collagieren als einen Tagtraum. Die Poetisierung des Realen erlöst die Realität aus ihrer tatsächlichen Banalität." Schließlich sind da noch seine figürlichen Bilder mit den "Aktivistinnen" in einem brillant gemalten Getreidefeld und einer Dame im Renaissance-Profil, beide begleitet von einem "Petit Brabacon", einer Hunderasse, die Nicolaus selbst züchtet, unglaublich gutmütig, aber im Aussehen doch etwas surreal.

Von Arno Neumann


» Nächster Artikel