T R A n S F O R m A T I O n E N
UTA ZAUMSEIL & TIMM KREGEL
BILD: T. KREGEL - SUMAC

Zwei Künstler, eine Leidenschaft

Die Galerie Kunst-Kontor zeigt Holzschnitte von Uta Zaumseil und Skulpturen von Timm Kregel

Potsdamer Neueste Nachrichten 14.10.2010

Auf Deutschlands wohl innovativste Holzschnittkünstlerin, Uta Zaumseil, trifft in der Galerie Kunst-Kontor der Bildhauer Timm Kregel mit seiner himmelwärts strebenden Skulptur. Zwischen den Positionen der beiden etwa gleich alten Künstler – sie Thüringerin, er aus Sachsen-Anhalt stammend – entspinnt sich in der Ausstellung „Transformationen“ ein anregender Dialog. Die Holzschnittkünstlerin und den Holzbildhauer verbindet ihre Begeisterung für denselben Werkstoff.

Uta Zaumseil, die bereits zum dritten Mal in der Galerie Kunst-Kontor ausstellt, wurde in den vergangenen Jahren mehrfach mit renommierten deutschen Holzschnitt- und Linolschnittpreisen ausgezeichnet. Große Anerkennung erntet der innovative Zugang der 1962 in Greiz geborenen Künstlerin gerade zur jahrhundertealten Technik des Farbholzschnitts. Bei Käufern und Sammlern hoch im Kurs stehen vor allem die sich in den neueren Arbeiten ergebenden Kreuzungen zwischen Holzschnitt und Digitaldruck. Eine Kostprobe dieses Verfahrens hätte man in der aktuellen Galerieausstellung in Potsdam gerne gesehen.

Auch Linolschnitte sind diesmal nicht mit von der Partie. Doch werden, für die Arbeitsweise Uta Zaumseils charakteristisch, mehrere Beispiele des von ihr bevorzugten Breitwandfilmformats gezeigt. Das extreme Querformat unterstützt die Neigung der Künstlerin, Szenen mit Sinn für anspielungsreiche Details zu erzählen. Spektakuläre Ereignisse, die sie in dem Blatt „Selektiver Abbau des Palastes der Republik“ festhält, bilden dabei als Bildsujet eher eine Ausnahme.

Die Aufmerksamkeit Uta Zaumseils richtet sich eher auf jene Nebenschauplätze und alltäglichen Dinge, die in Blättern wie „Vollzeitbeschäftigung“ oder „Leipzig“ eine beinahe plakative Wirkung entfalten. Persönliches und die Künstlerin Berührendes fließen als Inhalte in die von ihr virtuos beherrschte Technik der verlorenen Platte ein. Diese Technik birgt gewisse Risiken, da im Zuge des mehrstufigen Druckverfahrens immer wieder Teile der Fläche weggenommen werden, bevor im nächsten Schritt mit einer neuen Farbe über das Bild gedruckt wird. Trotz der Möglichkeit, mittels der verlorenen Platte Auflagen eines Blattes herzustellen, handelt es sich bei den Arbeiten Uta Zaumseils überwiegend um Unikate.

Dominiert bei den Holzschnitten das horizontale Format, ist es bei den Skulpturen das Vertikale. Doch auch in anderer Hinsicht entsteht zwischen den gezeigten Arbeiten der beiden Künstler ein deutlicher Kontrast.

Erzählt Uta Zaumseil in ihren Arbeiten vom „Mauerpark“ oder „Minigolf“, von „Efeu“ oder „Friedenstauben“, tritt Inhaltliches bei Timm Kregel entschieden hinter die Form zurück. Seine hoch aufstrebenden Holzskulpturen baut er auf wie andere beispielsweise Gips oder Ton. Hierzu verwendet der Künstler bereits geschnittenes Holz und setzt die einzelnen Formen zur fertigen Skulptur zusammen. Dadurch, dass er sie im Arbeitsprozess entkernt und aushöhlt, sind selbst die großformatigen Holzskulpturen im Ergebnis verhältnismäßig leicht. Durchbrüche und gitterartige Strukturen wirken zusätzlich dem Eindruck einer Materialschwere entgegen. Formen, die sich verzweigen, lassen sich am ehesten mit pflanzlichen Organismen vergleichen. Schlanke Auswüchse greifen wie Tentakel in den Raum. Es werden Wachstumsprozesse erlebbar und die für Pflanzen charakteristische Ausrichtung nach oben, zum Licht. Timm Kregel verschleiert die Oberfläche der gewählten Hölzer durch weißliche Farblasur. Dadurch ordnet sich die spezifische Eigenart von Buche, Eiche und Pappel unter. Gleichzeitig treten die feinen Rillen im Holzkorpus wie Schraffuren überdeutlich zu Tage. Dieser graphische Duktus wird stellenweise mit Graphitstift noch verstärkt.

Seit einiger Zeit erweitert Timm Kregel sein bildhauerisches Spektrum durch die Anwendung verschiedener Gussverfahren. Zum einen entstehen auf der Basis bereits realisierter Holzskulpturen Alugüsse. Zum anderen experimentiert der Künstler mit dem Sandguss. Dieser ermöglicht ihm, Aluminium durch ein Fließverfahren im Sand in verschiedene Richtungen zu lenken, so lange es noch formbar ist. Im Außenbereich der Galerie Kunst-Kontor sind mehrere Beispiele für diese Gusstechnik zu sehen.

Letztlich kommt Timm Kregel, der an der Hallenser Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein erst Innenarchitektur, dann Malerei und Grafik studierte, aber doch immer wieder zurück auf das Holz. Für eine besonders formschöne Arbeit in der Ausstellung ließ er sich von altehrwürdigen Buchenstämmen inspirieren. Von frisch gefällten Bäumen des Weimarer Belvedere stammend, schlagen sie den Bogen zurück in Goethes Zeit.

Erschienen am 14.10.2010 auf Seite 31

Von Almut Andreae


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